Das Gombhira, auch als Gambhira oder Gamvira bekannt (auf Bengali: গম্ভীরা), ist eine Form von Volkslied und Tanz, die ihren Ursprung in der Region Bengalen hat, die heute den Nordwesten Bangladeschs und den Nordosten Westbengalens in Indien umfasst. Diese Tradition ist besonders in den Gebieten von Malda in Indien und Chapai Nawabganj in Bangladesch von Bedeutung. Im Laufe der Jahrhunderte hat das Gombhira seine Relevanz beibehalten und dient als kraftvolle Ausdrucksform der Kultur, die soziale Themen durch eine einzigartige, ritualisierte Theaterform vermittelt.
Ursprung und Entwicklung des Gombhira
Das Gombhira hat seine Wurzeln in den religiösen und kulturellen Praktiken der bengalischen Gemeinschaften. Es wird angenommen, dass der Ursprung des Gombhira mit dem Kult von Shiva, einem wichtigen Gott im Hinduismus, verbunden ist. Tatsächlich deutet eine Theorie des Namens darauf hin, dass „Gombhira“ vom Wort „Gambhir“, einem Namen für Shiva, abgeleitet ist. Ursprünglich waren die Lieder des Gombhira Hymnen der Verehrung für Shiva, die insbesondere bei den Ritualen und Festlichkeiten rund um die Chaitra Sankranti gesungen wurden – ein hinduistisches Fest, das das Ende des landwirtschaftlichen Jahres und den Beginn der neuen Ernte markiert.
Die Gombhira-Szene in Westbengalen und Bangladesch
In Westbengalen wird das Gombhira hauptsächlich mit dem Bezirk Malda in Verbindung gebracht, während es in Bangladesch vor allem in Chapai Nawabganj zu finden ist. Es gibt auch Variationen in anderen benachbarten Regionen wie Rajshahi und Naogaon. Auch wenn es viele Varianten des Gombhira gibt, ist eines der auffälligsten Merkmale der Aufführungen der Einsatz von Masken, insbesondere in Malda, wo die Tradition des Tanzes mit Masken seit Generationen gepflegt wird. Diese Masken werden traditionell aus Zweigen von Bäumen wie Neem und Feigen hergestellt, und manchmal auch aus Ton.
Das Ritual des Gombhira-Tanzes
Der Tanz des Gombhira wird während der Feierlichkeiten zur Chaitra Sankranti, die besonders im Bezirk Malda hervorgehoben werden, in mehreren Phasen aufgeführt. Bei diesem Fest beinhalten die Darbietungen Masken und eine Theaterform, die die Interaktion zwischen zwei Charakteren zeigt: einem Mann und seinem Großvater mütterlicherseits. Durch diese Figuren spricht das Gombhira gesellschaftliche Themen an, wobei es oft um Themen wie Armut, Korruption und Ungerechtigkeit geht. Die Kombination aus Tanz, Gesang und auffälligen Kostümen macht das Gombhira zu einer einzigartigen Form des Musiktheaters.
Die soziale Funktion des Gombhira
Einer der faszinierendsten Aspekte des Gombhira ist seine Fähigkeit, Satire und Humor als Mittel zur Förderung der sozialen Reflexion zu nutzen. In den Aufführungen werden politische Ereignisse und alltägliche Lebensfragen kritisiert und satirisch dargestellt, wobei häufig die Figur von Shiva als Vermittler dient, der Lösungen bietet. Die Darbietungen dienen nicht nur der Unterhaltung, sondern auch als Lektion für die Gemeinschaft, die auf eine leicht verständliche und unterhaltsame Weise vermittelt wird.
Die Feste, in denen das Gombhira aufgeführt wird, umfassen verschiedene Rituale, darunter:
- Ghatbhara (Einrichtung des Altars): Der erste Tag des Festes beginnt mit der Installation eines Altars für Shiva, der den Beginn der Feierlichkeiten markiert.
- Chhoto Tamasha (Kleine Aufführung): In diesem Abschnitt wird Shiva und Parvati gehuldigt, und leichtere, festliche Szenen werden aufgeführt.
- Boro Tamasha (Große Aufführung): Hier werden die wichtigsten und komplexesten Darbietungen durchgeführt, bei denen Tanz und Theater auf tiefere und ernsthaftere Themen eingehen.
- Ahara (Ernährung): Der letzte Tag des Festes ist dem Essen und der Geselligkeit gewidmet und schließt die Feierlichkeiten mit einer Reflexion über das vergangene Jahr ab.
Die Rolle der Masken im Gombhira
Die Masken spielen eine grundlegende Rolle in den Aufführungen des Gombhira, insbesondere in Malda. Sie werden aus Materialien wie Neem und Feigenholz hergestellt und repräsentieren mythologische Figuren aus dem Hinduismus wie Kali, Narsingh, Chamunda und andere Götterfiguren. Die Narsingh-Maske, die den Gott mit dem Körper eines Menschen und dem Kopf eines Löwen darstellt, ist besonders bekannt und erkennbar. Diese Masken haben nicht nur ästhetischen Wert, sondern sind auch ein Mittel, um die dramatischen und emotionalen Elemente des Tanzes zu verstärken.

Die Transformation des Gombhira in der modernen Gesellschaft
Obwohl das Gombhira ursprünglich eine religiöse Form der Verehrung war, die sich auf Shiva konzentrierte, hat es sich im Laufe der Zeit weiterentwickelt und spiegelt heute eine breite Palette gesellschaftlicher Themen wider. In der Gegenwart beinhalten die Aufführungen des Gombhira nicht nur religiöse Themen, sondern auch soziale, politische und wirtschaftliche Fragen, die die lokalen Gemeinschaften betreffen. So können die Aufführungen des Gombhira heute Themen wie das Kastenwesen, die Diskriminierung von Frauen und Umweltprobleme behandeln.
Gombhira und Musik
Das Gombhira ist auch bekannt für seine einzigartige Musik. Die Musikstile variieren je nach Region und Thema der Aufführung, aber häufig kommen traditionelle Instrumente wie das Dhol, Tabla, Harmonium, Kartal und Trompete zum Einsatz. Diese Melodien verstärken die Atmosphäre des Tanzes und verleihen je nach Kontext der Aufführung eine festliche, ernste oder humorvolle Stimmung.
Wichtige Persönlichkeiten in der Geschichte des Gombhira
Im Laufe der Jahre wurde das Gombhira von mehreren herausragenden Künstlern und Theatergruppen gefördert und popularisiert. In Westbengalen gehören Dhankrishna Adhikari, Krishna Dhan Das Goswami und Yogendranath Chowdhury, der als „König des Gombhira“ (Gombhira Samrat) bekannt ist, zu den wichtigsten Namen in der Geschichte des Gombhira. Diese Künstler waren Pioniere bei der Popularisierung dieser Kunstform und trugen dazu bei, dass das Gombhira einem breiteren Publikum zugänglich gemacht wurde, sowohl innerhalb als auch außerhalb der Region Malda.
In Bangladesch hat sich das Gombhira ebenfalls einer wachsenden Popularität erfreut, wenn auch mit einem etwas anderen Stil. Statt sich ausschließlich auf die Figur von Shiva zu konzentrieren, beinhalten die Darbietungen des Gombhira in Bangladesch häufig die Charaktere von „Nana“ (Großvater) und „Nati“ (Enkel), die sich mit den sozialen und kulturellen Problemen des ländlichen Lebens befassen. Im Laufe der Jahre haben Künstler wie Qutubul Alam, Rakibuddin und Biren Ghosh eine wichtige Rolle bei der Verbreitung des Gombhira im Land gespielt.
Die kulturelle Bedeutung des Gombhira
Heute ist das Gombhira nach wie vor ein integraler Bestandteil der Feierlichkeiten und Festivals in Westbengalen und Bangladesch. Durch seine Darbietungen aus Musik, Tanz und Theater feiert das Gombhira nicht nur Traditionen, sondern dient auch als ein Mittel zur sozialen Reflexion und kulturellen Kritik. Die Art und Weise, wie das Gombhira Tanz, Musik und Theater kombiniert, um gesellschaftliche Themen zu behandeln, macht es zu einer der reichhaltigsten und komplexesten Kunstformen in der Region Bengalen.
Abschließend lässt sich sagen, dass das Gombhira eine äußerst bedeutende kulturelle Ausdrucksform darstellt, die die Jahrhunderte überdauert hat. Durch seine Musik, Tanz und Theater bleibt es ein lebendiges Werkzeug für soziale Reflexion, den Erhalt von Traditionen und kulturelle Kritik in den Gemeinschaften Westbengalens und Bangladeschs. Mit seiner Fähigkeit, Humor, Satire und tiefgründige Lehren zu vereinen, bleibt das Gombhira ein unverzichtbares Medium der kulturellen Ausdruckskraft in der Region.